Licht ins grüne Dickicht bringen
21.02.2011
Westfalen-Blatt
Von Andrea Pistorius
200 Paderborner diskutieren mit NRW-Minister Johannes Remmel über den Nationalpark Senne
Paderborn (WV). Die Idee, den Truppenübungsplatz Senne in einen Nationalpark umzuwandeln, hat für viele Menschen in der Region Charme. Die Konsequenzen einer solchen weitreichenden Entscheidung löst aber auch Unsicherheit und Unbehagen aus. Das ist bei einer Diskussion zwischen Bürgern und Politikern am Samstag deutlich geworden.
Der Kreisverband der Grünen wollte Licht in den Dschungel aus Argumenten für und wider einen Nationalpark bringen und hatte vier profunde Kenner der Senne oder der Nationalpark-Diskussion eingeladen: den Landesumweltminister Johannes Remmel, den Bundestagsabgeordneten und Vorsitzenden des Fördervereins Nationalpark Eifel, Oliver Krischer, den Vorsitzenden der Grünen-Fraktion im lippischen Kreistag, Werner Loke, und Dr. Ernst Seraphim vom Förderverein Nationalpark Senne-Eggegebirge. 200 Zuhörer drängten sich im Saal des Hotels Aspethera und mischten sich interessiert in die gut zweistündige Diskussion ein.
Die vier Experten auf dem Podium hatten zunächst Gelegenheit, ihre Position im politisch heftig umstrittenen Naturschutzprozess darzustellen. Der inzwischen 80-jährige Wissenschaftler Seraphim (»Ich lebe seit 60 Jahren in der Senne«) verwies insbesondere auf die landschaftlichen, geologischen und biologischen Besonderheiten der Senne, die sie als Lebensraum für Pflanzen und Tiere in Deutschland, vielleicht sogar in Europa, einzigartig machten. Auf jeden Fall hält er das 11 600 Hektar umfassende Gebiet für groß genug, um einen Nationalpark einzurichten. Ein Vorzug sei die direkte Nachbarschaft zum Nationalpark Teutoburger Wald, den der Kreis Lippe plant.
Werner Loke schilderte als Mitglied des Detmolder Kreistags die politischen Schritte auf dem Weg, im Teutoburger Wald der Natur einen Schutzraum zu geben. Nach jahrelangen Vorüberlegungen hatte das Lippe-Parlament 2007 beschlossen, konkret mit der Landesregierung über einen Nationalpark zu verhandeln. CDU-Landrat Friedel Heuwinkel wird dabei vom Landesverband Lippe und dem Waldbauernverband als bedeutenden Grundeigentümern unterstützt, muss sich aber auf der anderen Seite mit den scharfen Protesten der heimischen Holzindustrie auseinandersetzen.
Minister Johannes Remmel sagte, »es ist der Wunsch und das Angebot der Landesregierung, in der Senne einen Nationalpark einzurichten.« Wichtig sei es, rechtzeitig vor Abzug der britischen Streitkräfte zu planen, um ein Nutzungsvakuum und damit einen Nachteil für die Region zu verhindern. Die vorsorgliche Planung bedeute keine Vertreibung der Briten, betonte der Grünen-Politker, »ganz im Gegenteil, wir arbeiten eng mit ihnen zusammen.« Um einen möglichst großen Konsens zu erzielen, warb Remmel dafür, alle Betroffenen in die Nationalpark-Diskussion einzubeziehen, und drückt zugleich aufs Tempo: »Wir wollen den Umwandlungsprozess schnell auf den Weg bringen.«
Aus der Geschichte des Eifel-Nationalparks könnten die Senne-Anrainer viel Nützliches lernen, meinte Oliver Krischer aus Düren. Kern dieses Naturschutzraumes (10 000 Hektar Fläche) ist ebenfalls ein Truppenübungsplatz, den die belgischen Streitkräfte 2005 aufgegeben haben. »Auch bei uns hat es heftige und emotional geführte Auseinandersetzungen geben«, sagte der studierte Biologe, »doch heute ist der Nationalpark längst Normalität, alle in der Eifel sind froh, ihn zu haben.«
Inzwischen sei der Tourismus ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, 450 000 Menschen besuchten die Eifel jährlich. Das ist für Krischer ebenso wichtig wie die Tatsache, »dass der Nationalpark der Region eine neue Identität gegeben hat«.
Die Besucher der Veranstaltung, darunter Kommunalpolitker aus allen Parteien und Vertreter von Naturschutzorganisationen, nutzten nach den Kurzvorträgen die Gelegenheit, Fragen zu stellen. Der Grünen-Kreisverband lud zudem zu zwei weiteren Informationsveranstaltungen ein: für den Sommer sind eine Radtour durch die Senne und ein Ausflug in den Nationalpark Eifel geplant. Anmeldungen werden angenommen.
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