Nationalpark Senne als Erfolgsprojekt
21.02.2011
Neue Westfälische
Paderborner Kreiszeitung
VON CARMEN PFÖRTNER
Umweltminister Johannes Remmel: Prinz Charles könnte zur Einweihung kommen
Paderborn. Alternativlos-Projekt Nationalpark Senne – für viele der knapp 200 Gäste das Fazit der Podiumsdiskussion „Das Militär geht – der Nationalpark kommt“, zu der die Grüne Fraktion am Samstag eingeladen hatte. Die Experten, darunter NRW-Umweltminister Johannes Remmel und Oliver Krischer, der als Vorsitzender des Fördervereins Nationalpark Eifel von seinen Erfahrungen berichtete, sprachen sich – nicht überraschend – für eine Nationalparkgestaltung aus. Neu im Kontext: Die Einbeziehung der Briten in die Planungen und eine mögliche Doppelnutzung des Nationalparks durch die Bundeswehr.
Johannes Remmel, Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz in NRW, sprach nicht lange um den heißen Brei herum: „Das Ziel der Landesregierung ist es, einen weiteren Nationalpark in Nordrhein-Westfalen zu erlangen und Wunsch ist es, das Senne-Gebiet als solchen auszuweisen.“ NRW sei groß genug für zwei Nationalparks, so der Minister, der eine Doppelnutzung, das heißt eine zeitgleiche Nutzung des Nationalparks vom Militär, nicht kategorisch ausschloss. „Falls die Bundeswehr nach dem Abzug der Briten Interesse zeigt, werden wir sie nicht ablehnen“, so Remmel, denn eine Doppelnutzung sei schon vor Jahren von der Landesregierung beschlossen worden.
Die Briten sollen keinesfalls „vertrieben“ werden, so der Minister, er könne sich vielmehr eine Beteiligung des britischen Militärs an der Planung und Gestaltung des Nationalparks vorstellen. Durch die Diskussionen um die Zukunft des Standortes sollte nicht der Eindruck erweckt werden, die Soldaten sollten frühzeitiger aus Paderborn abziehen. „Und vielleicht“, so sagte Remmel, halb im Scherz, halb ernst, „kommt ja dann Prinz Charles zur Einweihung des Nationalparks Senne“.
Als Experte, auf dessen Kommentar viele der Besucher gespannt waren, war Oliver Krischer eingeladen: Als Vorsitzender des Fördervereins Nationalpark Eifel konnte er aus Erfahrung in Paderborn sprechen. „Wir hatten dieselben Startschwierigkeiten und jetzt kann ich ohne Zweifel sagen: Der Nationalpark Eifel ist ein absolutes Erfolgsprojekt.“ Der 10.000 Hektar große Park ist der erste Nationalpark in NRW, der 2004 nach dem Abzug des belgischen Militärs als solcher ausgewiesen wurde.
Viele offene Fragen, die sich der Paderborner Bevölkerung und den Gästen der Podiumsrunde stellten, konnte Oliver Krischer mit Hilfe seiner Eifel-Erkenntnisse beantworten: Der Tourismus habe sich positiv entwickelt, „rund 450.000 Besucher im Jahr.“ Auch die Bedenken, die Bevölkerung dürfe die Wälder des Nationalparkes nicht mehr betreten, habe sich ins Positive gewandelt: „Wir haben jetzt mit insgesamt 240 Kilometern zwar weniger Wanderwege als vorher“, erklärte Oliver Krischer, „aber die sind alle touristisch erschlossen und gut beschildert.“
Beim Thema Holzeinschlag beispielsweise habe sich in der Eifel gezeigt, dass die Holzindustrie durch den riesigen betriebenen Waldumbau vom Nationalpark profitiere, so Krischer. Dass dies ebenfalls in der heimischen Senne der Fall sein wird, bekräftigte Werner Loke, Vorsitzender der Grünen Kreistagsfraktion Lippe: Ein Gutachten habe gezeigt, dass sich eine Nutzung der Wald- und Forstflächen als Nationalpark „nicht negativ auf die wirtschaftliche Lage der Landwirtschaft“ auswirke. Die Holzindustrie nutze 13 Prozent ihres Bedarfs aus frischem Holz (Nadelholz), was durch den Waldumbau der nächsten 45 Jahre gesichert sei. „Die Rohstoffe werden nicht verknappt“, sagte Loke.
Umso länger die Experten und Gäste über positive und negative Auswirkungen des Nationalparks Senne diskutierten, desto offener blieb die Frage nach einer Alternativlösung. Zumindest für den Park in der Eifel war sich Oliver Krischer sicher: „Eine andere Möglichkeit der Nutzung des Gebiets gab es bei uns nicht.“
Ähnlich gestalten sich auch die Möglichkeiten in der Senne: „Durch die FFH (europäische Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie) ist eine andere sinnvolle Nutzung der Senne doch gar nicht möglich“, gab Fritz Buhr, Sprecher von „pro grün“ zu bedenken, der als Gast an der grünen Veranstaltung teilnahm. In der vergangenen Woche hatte er sich gemeinsam mit Vertretern des Bundes für Umwelt und Naturschutz und des Naturwissenschaftlichen Vereins für eine Nutzung der Senne als Nationalpark ausgesprochen (die NW berichtete).
Und falls das Senne-Gebiet nicht zum Nationalpark erklärt wird, stellt sich die Frage, wer die Kosten der Instandhaltung übernimmt. „Bisher finanzieren die Briten diese Maßnahmen“, gab Wolfgang Scholle (SPD) aus dem Publikum zu bedenken.
Viele Fragen zu den Chancen und Problemen eines möglichen Nationalparks Senne blieben ungeklärt. Für Dr. Ernst Seraphim vom Förderverein Nationalpark Senne-Eggegebirge sprechen viele Fakten dafür, die von der Artenvielfalt über die Trinkwasserversorgung bis hin zur geomorphologischen Verzahnung reichen: „Die Senne ist die am besten erforschte Landschaft in ganz Deutschland.“
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