Schulen sollen für alle Kinder offen sein
24.11.2010
AD HOC NEWS
Behinderte und nichtbehinderte Schüler sollen in Nordrhein-Westfalen gemeinsam unterrichtet werden. Die rot-grüne Minderheitskoalition beschloss am Mittwoch im Schulausschuss gemeinsam mit der CDU einen entsprechenden Antrag. Die Integration behinderter Schüler, die sogenannte Inklusion, soll nun von Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) im Detail vorbereitet werden
Der Grundsatzeinigung war ein langer politischer Streit vorausgegangen. Viele Eltern beschweren sich seit Jahren, dass ihre behinderten Kinder teils zwangsweise in eine Sonderschule geschickt werden. Wann es nun tatsächlich einen flächendeckenden inklusiven Unterricht geben kann, ist weiterhin unklar.
'Wir freuen uns, dass es nun nach monatelangem Ringen gelungen ist, in dieser wesentlichen Zukunftsfrage der Gesellschaftspolitik eine Einigung zu erzielen', teilten die stellvertretende Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Ursula Doppmeier, und der CDU-Landtagsabgeordnete Michael Solf mit. Ziel seien 'machbare und zeitnahe Umsetzungsschritte der UN-Konvention für Menschen mit Behinderung'. Inklusion werde 'nicht als statisches Konzept' verstanden, 'sondern als Prozess, in dem Maßnahmen konzipiert werden und deren Umsetzung begleitet und geprüft wird'.
'Alle allgemeinen Schulen sollen dazu befähigt werden, sich zu öffnen und mit der Verschiedenheit aller Schülerinnen und Schüler konstruktiv umzugehen', heißt es in dem vom Schulausschuss beschlossenen Antrag. Die Verwirklichung des Rechtsanspruches der Schüler mit Behinderungen müsse mit einer deutlichen Verbesserung der Rahmenbedingungen einhergehen. An den Regelschulen müssen zum Beispiel Lehrer mit sonderpädagogischen Kompetenzen eingestellt werden.
'Selbstverständlich können die Eltern weiterhin den passenden Förderort für ihre Kinder wählen', sagte der SPD-Abgeordnete Sören Link zu dem Kompromiss. Die allgemeine Schule sei aber der Regelförderort. 'Eltern und Kinder sind keine Bittsteller, sondern haben einen Rechtsanspruch auf Inklusion.' Die Grünen-Bildungsexpertin Sigrid Beer sagte: 'Von einem inklusiven Bildungssystem profitieren alle Kinder - mit und ohne Behinderungen.'
Die Lehrergewerkschaft GEW begrüßte den fraktionsübergreifenden Vorstoß: 'Der Antrag gibt die Zielrichtung einer inklusiven Pädagogik an den Schulen an, mit der Schülerinnen und Schüler nicht mehr aussortiert würden.' Die Umsetzung müsse nun mit Augenmaß erfolgen, eine hohe sonderpädagogische Qualität sichergestellt werden, forderte die Gewerkschaft Verband Bildung und Erziehung (VBE).
Die Linke kritisierte, die CDU habe aus ideologischen Gründen einen gemeinsamen Antrag mit der Linksfraktion verhindert. Dennoch sei man 'froh, einen Prozess im Sinne der Kinder begonnen zu haben, an dessen Ende eine Schule für alle steht', sagte die schulpolitische Sprecherin der Linken, Gunhild Böth.
Die FDP sprach sich grundsätzlich auch für die Inklusion aus. Es müsse aber ein 'Wahlrecht der Eltern' geben, 'weil der von SPD, CDU und Grünen geforderte Rechtsanspruch weder in den nächsten Jahren des Ausbaus schon quantitativ erfüllt werden kann noch die Rechte Dritter im Auge behält', sagte die bildungspolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Ingrid Pieper-von Heiden.
Anfang 2009 hatte Deutschland die Konvention der Vereinten Nationen, wonach Menschen nicht aufgrund von Behinderung vom allgemeinen Bildungssystem ausgeschlossen werden dürfen, ratifiziert. Die schwarz-gelbe Vorgängerregierung hatte sich nicht auf ein Umsetzungskonzept für NRW einigen können.
dapd
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