Nationalpark Senne bleibt ein Reizthema
09.07.2010
Neue Westfälische
Bielefelder Tageblatt (MW)
VON HUBERTUS GÄRTNER
Weil Rot-Grün das Projekt in Düsseldorf vorantreiben will, reißen in der Region Ostwestfalen-Lippe die alten Gräben wieder auf.
Bielefeld. Ein Traum, den vor allem viele Umweltschützer schon lange gehegt haben, lebt wieder auf. Doch das „Projekt Nationalpark“ ist und bleibt in OWL sehr umstritten. Vor allem die Ankündigung, den Truppenübungsplatz in der Senne unter Schutz stellen zu wollen, ruft Protest hervor. Den hatte auch die frühere grüne Umweltministerin Bärbel Höhn vor einigen Jahren schon zu spüren bekommen. Nach Angaben der Paderborner Landtagsabgeordneten Sigrid Beer (Grüne) soll es nun zwar keinen Konfrontationskurs mit den Briten geben.
Trotzdem sind die alten Gräben schon wieder aufgerissen. „Wenn die Briten dort rausgetrieben werden, dann wird das für die ganze Region sehr negative Folgen haben“, sagt der CDU-Bezirkschef Elmar Brok. Ein Nationalpark in der Senne macht seiner Meinung nach „überhaupt keinen Sinn“. Er sei sowohl aus wirtschaftlicher als auch aus naturschutzfachlicher Sicht „nicht akzeptabel“. Nach den internationalen Standards für einen Nationalpark müssten dort 75 Prozent der Fläche sich selbst überlassen bleiben, also „Urwald werden“, sagt Brok. Dann gingen aber in der Senne wertvolle Heidelandschaften verloren. Sie werden derzeit durch menschliche Eingriffe erhalten. „Die Briten dürfen keineswegs brüskiert werden“, fordert auch der Paderborner Landrat Manfred Müller (CDU).
Er fürchtet millionenschwere wirtschaftliche Verluste, sollte der Truppenübungsplatz zum Nationalpark erklärt werden. Müller erinnert an den Protest aus der Land- und Forstwirtschaft, der sich vor allem in den Kreisen Paderborn und Höxter gegen einen Nationalpark formiert hatte. Zwar befindet sich einer der entschiedensten Gegner, der Höxteraner Landrat Hubertus Backhaus (CDU), mittlerweile im Ruhestand, doch auch sein Nachfolger Friedhelm Spieker (CDU) hält von der National-parkidee nur wenig: „Unsere vorhandenen Naturparks reichen völlig aus, um die Region touristisch zu vermarkten.“
Ganz anderer Meinung ist Ute Röder, Vorsitzende des Fördervereins Nationalpark Senne-Eggegebirge. „Ich begrüße es, dass eine rot-grüne Landesregierung einen Nationalpark auf dem Truppenübungsplatz wieder in den Fokus nehmen will“, sagte Röder. Auch sie will die Briten „keineswegs rausdrängen“. Ihr schwebt „eine Doppelnutzung“ vor.
Truppenübungsplätze in Großbritannien sind gleichzeitig als Nationalpark ausgewiesen – das könnte Vorbild für die Senne sein. Die Briten wollen sich noch nicht äußern. „Wir müssen abwarten, wie sich die Dinge entwickeln“, sagt Sprecherin Helga Heine. Auch sie weiß, dass der Ton zwischen Umweltschützern und britischen Militärs zuletzt rauer geworden ist. Die Konflikte entzündeten sich vor allem an den Kampfdörfern und der geplanten stärkeren militärischen Nutzung der Senne. Vor diesem Hintergrund könnte vielleicht die Idee des lippischen Landrates Friedel Heuwinkel (CDU) bessere Erfolgschancen haben. Er will einen Nationalpark in Lippe errichten – dazu kämen noch ein paar staatliche Wälder im Eggegebirge.
Die neue Regierung in NRW will einen Nationalpark Senne/Egge/Teutoburger Wald vorantreiben. So steht es im Koalitionsvertrag, den SPD und Grüne ausgehandelt haben. In OWL schlagen die Wogen hoch.