Heute ist Streiktag für Paderborner Schüler
09.06.2010
Neue Westfälische
Paderborner Kreiszeitung
Demonstration beginnt um 11 Uhr am Rathaus / „Volle Unterstützung“ der Grünen-Politikerin Sigrid Beer
Paderborn. Eine Reform des achtjährigen Gymnasiums (G 8), das nach einer Schulzeit von zwölf Jahren zur Hochschulreife führt (sogenanntes Turbo-Abi), aber ebenso eine Reform des Bachelor- und Master-Systems an Hochschulen sind Forderungen, für die das Paderborner Bildungsstreik-Bündnis am heutigen Mittwoch, einem bundesweiten Aktionstag, auf die Straße gehen will. Beginn ist um 11 Uhr am Rathaus.
Zum Paderborner Bündnis haben sich die Bezirksschülervertretung, mehrere Schülervertretungen Paderborner Schulen, der Deutsche Gewerkschaftsbund, der Allgemeine Studierendenausschuss der Universität (AStA), die Jugendorganisation der Grünen, die Jungsozialisten in der SPD, die Junge Union, die Jungen Liberalen, der Jugendverband der Partei Die Linke (Linksjugend) und die Piratenpartei formiert.
Der Paderborner Aktionstag ist seit Mai auf mehreren „Vernetzungstreffen“ vorbereitet worden. Am Bildungsstreik vor einem Jahr nahmen in Paderborn mehr als 300 Schüler, Azubis und Studenten teil.
Vor dem Rathaus wird Bezirksschülersprecherin Catharina Claes die teilnehmenden Schüler, Studierenden und Auszubildenden begrüßen. Dann setzt sich ein Demonstrationszug zum Westerntor in Bewegung. Er soll zu den am Inneren Ring gelegenen Berufskollegs und den Gymnasien Reismann und Pelizaeus führen, danach zu den Michaelschulen und schließlich zum Theodorianum.
Neben der Reform des G 8, der Bachelor- und Masterstudiengänge wollen die Demonstranten mehr Geld für die Bildungspolitik und die Abschaffung der Studiengebühren fordern, für eine Senkung des Leistungsdrucks eintreten, mehr Lehrkräfte und eine bessere Lehrkräfteausbildung verlangen. Auch kleinere Klassen, eine stärkere Gewichtung der Stimmen von Schülervertretern bei schulischen Konferenzen sowie mehr soziale und psychologische Beratungsangebote an Schulen und Universitäten stehen in ihrem Forderungskatalog.
Im Vorfeld des Streiktages betonte die bildungspolitische Sprecherin der Landtagsfraktion der Grünen, die Paderborner Politikerin Sigrid Beer, die Forderungen nach einem besseren und gerechteren Bildungssystem fänden ihre „volle Unterstützung“. Es werde Zeit, dass „das unglückselige Sortieren“ der Kinder im Alter von 9 bis 10 Jahren aufhöre. Schullaufbahnen müssten länger offen gehalten werden. „Dafür brauchen wir als erstes dringend mehr Gesamtschulplätze in Paderborn.“
Von Chancengleichheit kann nach Beers Einschätzung „auch in Paderborn keine Rede sein“. So seien Schüler aus einkommensschwachen Familien, besonders jene mit Zuwanderungsgeschichte, an Paderborner Gymnasien „deutlich unterrepräsentiert“.
Das Studium gerade auch in NRW leide „an einer zunehmenden Verschulung“, beklagte die Abgeordnete mit Blick auf die Forderungen nach einer Reform der Bachelor- und Master- Studiengänge. Sie teile insbesondere auch die Forderung nach mehr Demokratie in Schule und Hochschule, betonte Beer. Die Qualität von Schule werde wesentlich von Schulklima und Lernkultur bestimmt. So trete ihre Partei für eine Wiedereinführung der Drittelparität in der Schulkonferenz ein, um Schülern sowie den Eltern eine gleichberechtigte Teilhabe an wichtigen Entscheidungen zu ermöglichen. Mehr Mitbestimmung und Demokratie müssten auch in den Hochschulen wieder Einzug halten: „Alle wesentlichen Entscheidungen soll ein Senat treffen, in dem alle Gruppen der Hochschule gleichberechtigt vertreten sind.“