Länger gemeinsam lernen
26.04.2010
Westfalen-Blatt
Von Andrea Pistorius
Sigrid Beer (Grüne) mischt die Schulpolitik auf - Umweltschutz ist ihr
zweites großes Anliegen
Paderborn (WV). Das Jammern über unbefriedigende Zustände in den Schulen liegt Sigrid Beer nicht. Sie packt lieber an und überlegt praktische Lösungen. Und die würde sie nach der Landtagswahl auch gern umsetzen.
Die Diplom-Pädagogin und Grünen-Politikerin aus Paderborn plädiert seit sie sich in den 1980er Jahren für die Gründung einer Gesamtschule in ihrer Heimatstadt stark machte für das Prinzip »länger gemeinsam lernen«. Ideal wäre es, so sagt sie, wenn eine Grundschulklasse komplett in die Sekundarstufe I wechseln könnte. Die soziale und pädagogische Kontinuität biete die beste Voraussetzung für eine gute kindliche Entwicklung. In der Gesamtschule sieht Beer diesen Wunsch ansatzweise erfüllt.
Was sie davon hält, Kinder nach der vierten Klasse im dreigliedrigen Schulsystem zu verteilen, lässt sich in einem Cartoon auf ihrer Internetseite sehen: Dort sortieren Ministerpräsident Rüttgers und Schulministerin Sommer, zumeist hämisch lachend, kleine Ranzenträger in drei Tonnen.
»Länger gemeinsam lernen«, das ist ein politisches Ziel. »Die Schule im Dorf lassen« ein anderes. Sigrid Beer fordert neue Konzepte, um Grundschulkindern auf dem Lande lange Wege zu ersparen. Nachgedacht werden müsse über Jahrgang- bergreifenden Unterricht, über die Kooperation von Schulen untereinander oder mit Kindergärten und über die Schaffung von Bildungshäusern. »Es gibt Konzepte in den Schubladen«, sagte die Mutter von drei längst erwachsenen Kindern, »man muss es nur wagen.«
Für notwendig hält sie auch eine Reform der gymnasialen Laufbahn. Eltern sollten wählen können, ob ihre Kinder das Abitur in acht oder neun Jahren ablegen, sagt Sigrid Beer. Die Organisation beider Bildungsgänge parallel an einer Schule sei machbar.
Von einer Kindergartenpflicht hält die 54-jährige Grünen-Politikerin nichts. »Für den Kitabesuch werben und mehr Familienunterstützung anbieten, macht mehr Sinn.« Das sei zwar mühsamer, aber wesentlich nachhaltiger. Eine wichtige Hilfe für die Familien sei auf jeden Fall der Ganztagsunterricht, sagt Beer.
Neben Schule ist Umweltschutz das zweite wichtige Thema der Paderbornerin, die ein Erdgasauto fährt, aber noch lieber Bus und Bahn nutzt. Sie fordert ein Klimaschutzgesetz für NRW und würde gern ein Arbeitsprogramm Gebäudesanierung für private und öffentliche Objekte auflegen. Damit könne Energie eingespart werden, und viele Menschen in Industrie und Handwerk fänden eine Beschäftigung.
Notwendig sei es zudem, auch auf diesem Wege den deutschen Innovationsvorsprung gegenüber Billigprodukten auf dem Weltmarkt zu sichern.