Verfassungsrichter sucht Hilfe beim Kummerkasten
25.03.2010
Neue Westfälische
Bielefelder Tageblatt
Michael Bertrams, Präsident des NRW-Verfassungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts Münster, hat schon manchem Ministerpräsidenten und manchem Justizminister das Leben schwer gemacht. Das Mittel, zu dem der eigenwillige Richter jetzt griff, um bei der Landesregierung Gehör zu finden, ist allerdings einmalig.
In einer Eingabe an den Petitionsausschuss des Landtags, im Normalfall eher als Kummerkasten für die kleinen Leute gedacht, warf Bertrams Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) „willkürliche Amtsführung“ vor. Hintergrund des bislang einmaligen Beschwerdebriefs ist die anstehende Wahl der Richter am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, für die Müller-Piepenkötter einen Kandidaten vorgeschlagen hat, der nach Ansicht von Bertrams ungeeignet ist für diese Aufgabe. Auf Schreiben an die Ministerin und an Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) hatte er gar keine oder ausweichende Antworten erhalten.
Kaum war in Düsseldorf bekannt, dass der höchste Richter des Landes Zuflucht beim Petitionsausschuss gesucht hatte, um sich bei der Regierung Gehör zu verschaffen, reagierte die Politik. Rüttgers schrieb nach Münster und bot dem Verfassungsgerichtspräsidenten ein Gespräch an. Bertrams erklärte daraufhin seine Petition für erledigt.
Für Sigrid Beer, Grünen-Abgeordnete aus Paderborn und stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses, bleibt ein überaus bitterer Nachgeschmack. Zum einen findet sie die Tatsache, dass sich der höchste Richter an den Ausschuss wendet, mehr als erstaunlich, zum andern sei sie „fast vom Hocker gefallen“, dass dieser Vorgang öffentlich gemacht wurde und der „Vertrauensschutz im Petitionsausschuss nicht gewährleistet ist“. Darüber sei sie „sehr empört“. Es gehöre zu den „Spielregeln, dass Petitionen nicht durchgestochen werden“. Mit Bertrams hat Beer telefoniert. Er hat ihr versichert, er habe seine Petition nicht öffentlich gemacht.
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