Äpfel statt Pizza und Pommes
08.03.2010
Neue Westfälische
Bielefelder Tageblatt
VON MATTHIAS BUNGEROTH
Vor Beginn des Schulobstprogramms NRW bereiten sich Lieferanten aus der Region auf ihren Einsatz vor
Bielefeld. „Die Kinder ernähren sich schlecht“, sagt Karsten Otte, Inhaber eines Obsthofes aus Hiddenhausen. Es stünden zu viel Nudeln, Pizza, Pommes frites oder Schokoriegel auf dem Speiseplan. Das sieht die Landesregierung genauso und startet in Kürze ein Schulobstprogramm. Doch noch ist einiges zu tun, bevor die gesunde Kost täglich an die 355 teilnehmenden Schulen, davon 41 in OWL, ausgeliefert wird.
Derzeit wird eine Liste anerkannter Lieferanten erstellt, die in einigen Tagen beginnen dürfen, Obst und Gemüse an Schulen auszuliefern. „Ich habe mich bei einigen Schulen beworben“, sagt Otte stellvertretend für seine Kollegen. Jede Schule kann frei entscheiden, von welchem Anbieter sie ihre Produkte beziehen will. Was genau auf den täglichen Speiseplan kommt, „entscheidet der Lieferant im Dialog mit den Schulen“, so Otte, der für den Landesverband Obstbau Westfalen-Lippe die vorbereitenden Gespräche mit dem Landwirtschaftsministerium NRW führte.
Jeder Schüler bekommt pro Tag 100 Gramm Obst oder Gemüse, dafür erhält der Lieferant den vom Land nach Marktanalysen festgelegten einheitlichen Preis von 28 Cent. „Nicht üppig“ nennt Otte diesen Betrag, denn: „Davon geht weniger als die Hälfte für den Wareneinsatz drauf, der größere Teil ist Logistik und Kommissionierung.“
Aufwendig wird der Vertrieb dadurch, dass jede Klasse ihre Produkte in einem eigenen, mehrfach verwendbaren Kasten ausgeliefert bekommt, exakt nach der Schülerzahl ausgerichtet. „Es darf jede Frucht nur zweimal die Woche erscheinen“, berichtet Otte. Die Lieferungen werden von den Schulen einmal pro Monat quittiert. „Wir reichen die Rechnung beim Ministerium ein“, so Otte. Auf Anweisung von dort wird über die Landwirtschaftskammern das Geld ausgezahlt. Das bedeutet zunächst: Jeder Lieferant muss zwei Monate in Vorkasse gehen.
„Es hätten sich viel mehr Schulen beworben, wenn das Programm nicht so bürokratisch angelegt worden wäre“, kritisiert Sigrid Beer aus Paderborn, schulpolitische Sprecherin der Grünen in NRW. Aus 760 Bewerbungen wurden von der Landesregierung nach einem vorgegebenen Katalog letztlich die 355 Grund- und Förderschulen ausgesucht. So sollte das Programm auf alle Kreise in NRW ausgedehnt werden, sozial benachteiligte Familien im Fokus haben und Schulen ansprechen, die schon in diesen Bereichen arbeiten.
Wie unterschiedlich die Abdeckung in der Fläche ist, zeigt der Blick auf OWL. Hier ist Bielefeld mit 6 Schulen dabei, dazu kommen die Kreise Paderborn (3), Minden-Lübbecke (9), Lippe (8), Höxter (3), Herford (9) und Gütersloh (3).
„Wir hoffen, dass wir das Programm noch mal erweitern können“, sagt Wilhelm Deitermann, Sprecher des Umwelt- und Verbraucherschutzministeriums NRW. Die jeweils zwei Millionen Euro, die vom Land und der EU aufgewendet werden, reichen bis Sommer 2011. „Das soll keine einmalige Sache sein, sondern eine ständige Institution, die wir etablieren möchten“, so Deitermann. Finde man Sponsoren, könne das Programm auf mehr Schulen ausgeweitet werden.
„Das Land hätte offensiver in die Finanzierung gehen müssen“, so Sigrid Beer. Durch die begrenzte Teilnehmerzahl – nur 10 Prozent der Grundschulen seien dabei – werde „ein sinnvolles Unternehmen belastet“. Allerdings findet es Beer „positiv, dass NRW den ersten Schritt gegangen ist“.
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